Kinder und das Sitzen beim Essen

Aktualisiert am 2. September 2019

Entspanntes Essen mit Kindern ist ein Dauerbrenner in Elterngruppen. Das hat auch viel damit zu tun, wie man als Kind die Familien-Mahlzeiten erlebt hat. Bei meinen Eltern wird gemeinsames Essen richtiggehend zelebriert. Der Herzensmensch kriegt regelmäßig die Krise, wenn das gemeinsame Frühstück sich mal wieder über zwei Stunden hinzieht.

Dementsprechend bin ich eher der Typ Genuss-Esserin. Und ich mag es, mich beim Essen mit meiner Familie zu unterhalten. Da ist es etwas ungünstig, dass unsere Kinder das gemeinsame Essen nicht mehr so spannend finden, wenn sie satt sind.

Auch hier war es für uns Eltern erst einmal ein langer Lernprozess bis wir zu unserem heutigen Vorgehen gekommen sind.

Wirbelwind und Stillsitzen, passt das?

Wirbelwind war erstaunlicherweise relativ lang relativ geduldig in ihrem Hochstuhl bis auch wir Eltern fertig gegessen hatten. Das ließ zu meiner Enttäuschung dann leider doch irgendwann nach. Anfangs dachte ich noch einige Zeit, dass doch das gemeinsame Essen so ungemein wichtig für die Kommunikation in einer Familie sei. Wenn diese Kommunikation allerdings nur aus Ermahnungen besteht, das Kind solle doch endlich mal stillhalten, hat niemand gewonnen.

Mit Wirbelwind handhaben wir es heute so, dass wir ihr Bescheid sagen, wenn das Essen fertig ist. Und sie kommt dann nach ein paar Minuten (manchmal mit einer Erinnerung von uns) zum Tisch und setzt sich zu uns. Dann isst sie oft in Etappen. Erst einen Teil. Dann läuft sie ein wenig durch die Gegend oder spielt kurz. Dann kommt sie wieder und isst noch etwas. Es ist, als müsste sie sich bewegen, um wieder Platz im Magen zu schaffen. Dieses Spiel kann durchaus noch mehrfach stattfinden.

Für mich ist das vor allem morgens immer noch ein bisschen schwer, da ich als Morgenmuffel so viel Trubel um mich herum gerade vor meinem ersten Tee nicht so toll finde. Wenn es mir zu viel wird, sage ich das und wir finden meistens eine Möglichkeit, dass ich zumindest ein kleines bisschen mehr Ruhe beim Frühstück haben kann.

Wer sagt eigentlich, dass man beim Essen sitzen muss?

Sonnenschein setzte unserem Essenstrubel dann schließlich die Krone auf. Er konnte relativ früh schon aus dem Baby-Einsatz des Hochstuhls aussteigen, leider lange bevor er das sicher ohne Unfall hinbekommen hätte. Das wurde uns dann schnell zu gefährlich, da so immer ein Elternteil während des Essens neben ihm sitzen bleiben musste, um einen Unfall zu verhindern.

Ohne Baby-Einsatz war Sonnenschein noch wagemutiger und drohte regelmäßig abzustürzen. Da musste eine andere Lösung her.

Ich hatte irgendwann einmal von einem IKEA-Hack für einen Lernturm gelesen und schlug vor, diesen auszuprobieren. Wir bestellten uns also die benötigten Bestandteile und machten uns ans Werk. Und was soll ich sagen? Das Ding war ein großer Erfolg! Von Stund an stand Sonnenschein beim Essen am Tisch statt zu sitzen und war glücklich dabei. Er hatte auch ziemlich schnell den Dreh raus, wie er sicher rein und wieder raus kam. Diese Lösung hat uns bestimmt ein halbes Jahr gute Dienste geleistet.

Da mit kleinen Kindern natürlich nie alles gleich bleibt, kam irgendwann der Zeitpunkt, als der Lernturm nicht mehr erwünscht war und wir den Hochstuhl (dieses Mal ohne Baby-Einsatz) wieder an den Tisch holten. Und das wird sicher nicht das letzte Mal sein, dass sich unsere Essenssituation ändert. Da müssen wir als Agile Eltern immer anpassungsfähig bleiben.

Mahlzeiten ohne Druck sind etwas Wunderbares!

Das Essen mit zwei Kindern ist immer mit Trubel und Bewegung verbunden. Von der Vorstellung brav neben uns sitzender Kinder haben wir uns lang verabschiedet. Wir genießen die gemeinsame Zeit am Tisch, bestehen aber auch nicht darauf, dass ein Kind sitzen bleibt, wenn es sich gerade bewegen muss. Am Ende der Mahlzeit sitzt meistens auch mindestens ein Kind auf einem Eltern-Schoß. Und das ist ok.

Gespräche sind so natürlich schwierig. Darum versteifen wir uns nicht darauf, dass wichtige Gespräche unbedingt während des Essens stattfinden müssen. Wenn es beim Essen klappt, freuen wir uns. Wenn das nicht geht, dann suchen wir einfach, ganz agil, einen passenderen Zeitpunkt. Denn wenn wir eines gelernt haben, dann dass Druck und Frust nur zu noch mehr Frust und Streit führen. Und da hat kein Familienmitglied Lust drauf.

Wenn wir unsere Erwartungen runter schrauben und einfach schauen, was passiert, kann es sein, dass wir einfach nur als Familie zusammen sitzen und die gemeinsame Zeit genießen.

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Autor:in

Silke hat zwei Kinder, lacht erschreckenderweise besonders laut über Flachwitze und liebt die Scheibenwelt von Terry Pratchett.

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  1. Wir sind anscheinend nicht die einzigen Eltern, deren Kinder während der Mahlzeit immer wieder Pausen einlegen und eine Runde Bewegung brauchen;-). Der Ansatz, dass aus „biologischer“ Sicht so zu sehen, dass Platz im Magen geschaffen werden muss, gefällt mir sehr gut!! Es ist doch erstaunlich, wie unterschiedlich die Kinder sind. Unsere Nummer 1 ist ein Schnellesser und bleibt sitzen, bis alles weg ist. Die Nr. 2 ist ein Genießer, Trödler, braucht Action und Pausen beim Essen. Das kann man bezeichnen und nennen wie man möchte. Am Ende ist allen geholfen, wenn man, wie Du, den positiven Aspekt betrachtet!

    1. Ich finde es immer wieder spannend, dass nach einem Erfahrungsbericht dann solche Rückmeldungen wie deine kommen, wo ich vorher das Gefühl hatte, mit meinen Zappelkindern allein auf weiter Flur zu sein. Es ist so enorm wichtig für uns Eltern zu sehen, was alles noch unter dem ganz normalen Wahnsinn des Lebens mit Kindern zählt!

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